|
Samstag, 21.03.09
Nachtruhe beenden, heißt es um sechs Uhr. Zum üblichen Morgenablauf kommt jetzt auch noch das Kofferpacken. Halb acht muss dieser vor der Kabine stehen. Naja, das schaffen wir schon. Bin mal gespannt, was uns der heutige Tag bringen wird. Das letzte Frühstück auf dem Schiff, die Henkersmahlzeit, ist Geschichte. Es war eine superschöne Zeit auf dem Schiff. Hätte ich so gar nicht erwartet. Ich bin schon ein wenig traurig. Aber auf der anderen Seite warten ja noch ein paar Höhepunkte der Rundreise auf uns. Wir verabschieden uns von unserem Reiseleiter Jens und gehen in Chongqing von Bord.
Es ist ein relativ weiter Weg bis zum Bus. Zum Glück müssen wir die Koffer nicht tragen. Wir werden sie erst in Xi'an wiedersehen. Das ist der Vorteil einer solchen Reisegruppe. Eva, so heißt unsere heutige Reiseleiterin, begrüßt uns im Bus. Ein paar wichtige Informationen über die inzwischen größte Stadt der Welt werden erzählt. Über 33 Millionen Menschen leben in dieser Bergstadt am Ufer des Yangtze. Wir sind in den Subtropen, was man anhand der Schwüle sofort glaubt. Wir fahren etwa 20 Minuten bis zur neu erbauten Kongresshalle. Vor ein paar Jahren hat der Bau mal bei irgendeinem weltweiten Wettbewerb einen zweiten Platz belegt. Sieht auch wirklich schön aus. Auf dem großen Platz vor der Halle gehen die Chinesen ihren samstäglichen Beschäftigungen nach. Daß heißt Tanzen, Singen und Tai Chi. Es hat Volksfestcharakter. Wir beratschlagen, ob es sich lohnen würde, hier eine Würstchenbude zu eröffnen.
Wir gehen in die Markthalle. Unbeschreiblich, das Gewühl. Es gibt hier Lebensmittel aller Art. Die Verkaufskultur ist nicht unbedingt für den europäischen Geschmack bestimmt. Es mangelt massiv an Sauberkeit. Trotzdem ist es ein Erlebnis. Im Bereich der Gewürze kann man es aushalten, bei den angebrüteten Eiern geht man besser schnell weiter. Die Fleischverkäufer stecken sich erst mal eine Zigarette an. Das Fleisch, welches sogar recht lecker aussieht, liegt dabei ungeschützt vor ihnen. Die Gemüse- und Obstauswahl ist schier erdrückend.
Die Zeit rennt. Wir müssen zurück zum Bus. Der Weg ist nicht sehr weit, hat aber auch keine Höhepunkte zu bieten. Am Bus wird schon 10 Minuten vor verabredeter Abfahrtszeit Panik gemacht, weil noch ein paar Leute fehlen. 10 Minuten sind aber bei einer gesamten Freizeit von nur 30 Minuten sehr viel! Ich sehe die ganze Sache eher gelassen, schließlich bin ich ja da. Endlich sind alle Leute da. Der Bus setzt sich in Bewegung.
Berg hoch, Berg runter. Vorbei an zahllosen Geschäften (unter anderem auch Porsche) fahren wir zum Eling-Park. Dort soll uns eine Teezeremonie geboten werden. Mir schwant böses für meine Geldbörse. Wir kommen am nächsten Ziel an. Eine nette Parkanlage auf einem Hügel der Stadt. Es gibt eine ziemlich hässliche Neubaupagode. Aber wir gehen ins Teehaus. Alle sitzen wir hier im großen Kreis um einen kleinen Tisch, wo uns drei Sorten Tee vorgestellt werden. Jasmintee, Litschitee und eine Sorte, deren Name mir bei der Fülle der Informationen abhanden gekommen ist. Es wird wirklich viel über die einzelnen Teesorten informiert und dann mit der richtigen Zeremonie auch probiert. Ich bin schon ziemlich erstaunt, dass das alles kostenlos ist. Aber man soll ja im angeschlossenen Shop Tee kaufen. Mache ich auch. Jasmintee: 85°C heißes Wasser und dann für eine Minute ziehen lassen. Die Zeremonie ist nun beendet und wir haben noch ein paar Minuten, bevor uns der Bus zum Flughafen bringt. Wir nutzen die Zeit, um uns noch ein wenig die Parkanlage des Eling-Parks anzusehen. Tief unter uns ist ein Nebenarm des Yangtze-Flusses zu sehen.
Wir kommen am Flughafen an. Unser Gepäck ist bereits aufgegeben und wir bekommen direkt unsere Bordkarten. 3U 8805. Was ist das denn für eine Airline? Am Gate 11 bekomme ich heraus, dass es sich um Sichuan Airlines handelt. Jetzt haben wir aber noch reichlich Zeit (leider, die Zeit hätte ich lieber in der Markthalle oder im Park verbracht).
Wir fliegen ca. 50 Minuten mit einem Airbus A319. Der Flug ist etwas turbulent. Sicher und pünktlich kommen wir um kurz nach 15 Uhr in Xi'an an. Auch das Gepäck kommt zügig. Mein Koffer ist immer lädierter. Hoffentlich hält er die nächsten vier Tage noch durch. Das Gepäck wird gleich wieder eingesammelt und in einem kleinen Transporter zum Hotel gefahren.
Der Bus benötigt ca. eine Stunde bis zum 4-Sterne-Hotel "TIANYOU". Die Landschaft sieht hier ganz anders aus, als in den letzten Tagen. Xi'an liegt in Nordchina. Hier wird überall Weizen angebaut. Andreas, unser neuer Ortsreiseleiter, erzählt die ganze Fahrt über von seiner zweiten Heimat. Wir haben unser Zimmer bereits, als wir im Hotel ankommen. 708, 7.Etage. Zum Glück mit Blick auf den Hinterhof. Straßenseite wäre zu laut. Wieder kein Aschenbecher im Zimmer, d.h., nicht greifbar. Denn in der Minibar stehen zwei Aschenbecher. Diese ist aber leider verschlossen. Ich gehe zur Rezeption, um dieses Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Leider versteht man da kein Englisch. Also muss ich warten, bis mein Koffer auf dem Zimmer ist. Schließlich habe ich ja einen schönen Staudammaschenbecher im Gepäck. Die Zeit ist knapp. Gleich geht es los zur Lichterfahrt mit Abendessen.
Gegen sechs Uhr setzt sich unser Bus schon wieder in Bewegung. Durch die bunt beleuchtete Stadt Xi'an fahren wir zunächst zum Essen. Es gibt eine lokale Spezialität: gefüllte Maultauschen. Wir sitzen wieder an unseren großen runden Tischen mit Drehtellern. Die Vorspeisen sind schon serviert. Auch der Schnaps steht bereit. Terrakottaschnaps. Die Flasche hat die Form eines Terrakottakriegers. Der Inhalt schmeckt wie Reisschnaps. Es geht los, der erste Gang Maultaschen kommt. Schwein mit Knoblauch. Uns wird jetzt erklärt, wie man die Soße zubereitet: Sojasoße, Essig und Chiliöl. Eine teuflische Mischung. Noch schnell einmal mit dem am heutigen Abend komplett inklusivem "Hans"-Bier zuprosten und dann wird die erste Maultasche verspeist. Es folgen noch fünfzehn weitere. Mit den unterschiedlichsten Füllungen. Fisch, Hühnchen, Ente, Tofu, Ei, Gemüse. Nur bei den Auberginen werfe ich das Handtuch. Ich bin mehr als satt. Nun kommt der kleine Höhepunkt des Abends: Minimaultaschen aus dem Feuertopf. Ein Löffel voll wird in eine Suppe geworfen. Es gibt wieder eine Geschichte dazu. Wenn man in seiner Schüssel eine findet, hat man Glück, bei zweien hat man doppelt Glück. Ich finde vier. Bedeutet viel Geld. Da bin ich aber mal gespannt. Die ganze Zeremonie dauert über 90 Minuten. Das Bier ist alle und unser Terrakottakrieger ist auch ausgesaugt. Wir verlassen das Lokal, um zum nächsten Highlight zu fahren.
Zweimal in der Woche, samstags und sonntags, finden die "größten" Wasserspiele auf einem Platz an der Wildganspagode statt. Tausende Menschen tummeln sich hier bereits, als wir ankommen. Wir haben noch etwas Zeit, bevor pünktlich halb neun mit der Show begonnen wird. Die Springbrunnenanlage ist 600m lang. Wirklich beachtlich. Vor ein paar Jahren waren hier noch zwei Dörfer zu finden. Es geht los. Aus zahllosen Löchern schießen Wasserfontänen zu unterschiedlichen Musikstücken. Europäische Oper und chinesische Klänge. Eine tolle Choreographie. Nur die bunten Lampen, welche das Wasser anleuchten, könnten etwas stärker sein. Das tolle Erlebnis ist nach 20 Minuten vorbei.
Weiter geht unsere Tour zur Stadtmauer. Weltbekannt ist sie. 14km lang und komplett erhalten. Wurde in der Ming-Dynastie in ihren heutigen Zustand gebracht (vor ca. 600 Jahren). Vor der Stadtmauer, noch außerhalb der Altstadt, treffen sich am Wochenende die Chinesen, die nicht bei den Wasserspielen waren. Auf der einen Seite der Straße ist Tanz für "Oma und Opa", auf der anderen Seite ist Karaoke. Lärm und Menschen ohne Ende. Leider ist die Zeit ziemlich knapp bemessen. Es reicht gerade für ein paar Aufnahmen und Fotos.
Letztes Ziel für heute: Der Nachtmarkt oder auch die Garküchenstraße. Nachdem wir uns durch den achtspurigen Kreisverkehr um den Glockenturm gequält haben, steigen wir am Trommelturm aus dem Bus. Auch hier wieder tausende Menschen. Wir haben dreißig Minuten Zeit, um uns das Treiben anzusehen. Unzählige Garküchen. Wenn ich nicht so satt wäre, würde ich hier glatt weiter essen. Dazwischen Stände mit Obst und Trödel. Und ganz schön eng. Aber hochinteressant. Am Trommelturm versuchen Verkäufer und Käufer verzweifelt, ihre Drachen in den Abendhimmel von Xi'an zu bringen.
Es ist 22:15 Uhr. Jetzt fahren wir zurück zum Hotel. Es reicht für heute. Im Fernsehen (CCTV5) läuft Bundesliga. Stuttgart gegen Berlin. Live. Es steht immer noch 0:0, als wir den Fernseher wieder abschalten.
|
*PLATZHALTER* |